Galerie der Moderne Klosterneuburg 2016
Galerie der Moderne, Stift Klosterneuburg 2016/17
Ausstellungsbeteiligung Hermine Karigl-Wagenhofer
Stelen-Installation im Kontext des Schöpfungsmythos bestehend aus den vier Objekten Menschen, Harmonie, Metaphorik, Erneuerung in Eitemperamalerei auf Leinwand, die in der Mitte des Raumes der Schöpfung symmetrisch angeordnet sind.
Bildstelen, 2004-2010
Vier Stelen, jeweils zusammengefügt aus Säulenbildern, die unter anderem Lebensläufe symbolisieren, stehen kontextuell im Zusammenhang mit der metaphorischen Bedeutung „Säule“ im Schöpfungshymnus des Alten Testaments. Gleichzeitig ist die malerische Bildgestaltung dieser Installation eine Inspirationsquelle für Deutungsversuche und Sinnzusammenhänge, indem Einsichten, Prozesse, Strukturen und Ambivalenzendialoge widergespiegelt werden, die Annäherungen an den Schöpfungsmythos suggerieren oder schier veranschaulichen.
Teils sind die Säulengemälde mit tiefen Kratzspuren verletzt, teils verleihen bewegte Pinselschwünge sowie überlagerte Farbschichten den Bildoberflächen einen strukturierten, prozesshaften Charakter. Die Senkrechte als das kennzeichnende Kompositionsgefüge der Gemälde wird zum Anlass für Farbverläufe in wechselseitiger Richtung nach oben und nach unten. Sie verweist auf das Säulenmodell, welches grundsätzlich durch zwei Enden charakterisiert ist. Die Säule baut auf der Erdenschwere auf und scheint in die Unendlichkeit emporzuragen, wenn sie auch einem bestimmten Maßstab entsprechend oder fragmentarisch endet. Das Säulenmotiv stellt metaphorisch die Verbindung zwischen Erde und Himmel her. Es veranschaulicht die Vergänglichkeit des menschlichen Lebens.
Die Schöpfung ist der Endlichkeit unterworfen. Sie trägt nach der christlichen Lehre die Hoffnung auf Erlösung in einem ambivalenten Verhältnis in sich. In Anbetracht der Jenseitsvorstellung werden im Sinne der Synthese existentielle Gegensätze wie Unendlichkeit/ Endlichkeit, Geburt/Tod, Freude/Leid und Prozesshaftes/Statisches aufgehoben. Im christlichen Gottesbild, welches Gott als Schöpfer allen Lebens betrachtet, den Menschen in seiner Einzigartigkeit in einer Rolle der Wechselbeziehung zwischen Abhängigkeit von Gott und Autonomie erscheinen lässt, wird die Ambivalenz des leidenden Gottessohnes verkörpert – eine Inkarnation des Fleisches.
In der Kreuzestheologie stellt das Kreuz das Symbol der Lebenskraft im erschöpften Zustand dar. Schaffensprozesse sind ebenfalls dem Prinzip der Ambivalenz unterworfen.
Neben den Bezügen auf die Schöpfungshymnen (Gen 1, 1-2, 4a und Gen 2, 4b-25) verweisen die Stelen direkt auf Bibelzitate mit Säulenmetaphern, etwa auf die Wolken- und Feuersäule (Ex 13, 20-22) oder auf die symbolischen Säulen vor dem Tempel Salomon (1 Kön 7,15-22).